Wie hoch sind die Produktionskosten von 1 kg Orangen?

Gedanken eines jungen Landwirts

• Ressourcen: Wasser für die Bewässerung, Benzin für den Traktor, Strom für die Bewässerungsanlage, Dung und 150 andere Dinge, die man im Laufe des Jahres so braucht.

• Löhne: Löhne und soziale Sicherheit für das gesamte Team während der gesamten 12 Monate eines Jahres (egal, ob wir etwas verkaufen oder nicht). Hinzu kommen Kosten, wenn jemand wegen Krankheit oder Elternzeit ausfällt. In dieser Saison haben schon zwei Kinder das Licht der Welt erblickt und zwei weitere sind auf dem Weg. Ich selbst werde im Juni zum zweiten Mal Vater einer Tochter. Die Orangen von Naranjas del Carmen sind einfach sehr fruchtbringend!

• Ernte: Die Orangen werden einzeln in Handarbeit gepflückt. Um 5:30 Uhr klingelt unser Wecker, damit wir ausreichend Zeit haben, alle Orangen zu ernten, die an diesem Tag auf die Reise gehen.

• Verpackung und Vorbereitung der Bestellung: Orangen in die Kartonboxen packen und die Früchte erkennen und aussortieren, die eine schlechte Stelle haben und nicht in gutem Zustand an ihrem Zielort ankommen würden. Die Transportetiketten ausdrucken und aufkleben, sowie die persönlichen Widmungen der Geschenkboxen dazulegen.

• Orangen verschenken: Im Fall, dass eine Orange auf der Reise schlecht wird, packen wir immer die ein oder andere Frucht zusätzlich ein.

• Verkauf: Gebühren von Paypal, der Bank, Visa, Mastercard, American Express und den anderen Finanzinstitutionen, die den Bezahlvorgang abwickeln.

• Instandhaltung der Website:  Server, Computer und einige Applikationen, die dabei helfen sollen, das Leben leichter zu machen und die bezahlt werden müssen, egal ob etwas verkauft wird oder nicht.

• Versand: Diese Kosten stören uns am meisten und fallen an, um den Versand von den Bäumen bis zu den Haushalten in ganz Europa so ökologisch und effizient wie möglich zu gestalten und dabei sicher zu stellen, dass alles gut ankommt. Diese Kosten hängen vom Zielland ab.

• Abschreibung der Pflanzung und des Wachstums: In den ersten fünf Jahren gibst du den Orangenbäumen mehr, als dass du für sie bekommst. Dass sie kein Geld einbringen, bedeutet aber nicht, dass sie dir keine Freude bereiten. Es ist quasi so, als würdest du deinem Kind beim Wachsen zusehen.

• Zwischenfälle und Reklamationen: Obwohl wir unser Bestes geben, gibt es immer etwas, das schief gehen kann und das reklamiert wird. Oftmals wissen wir auch nicht, ob der Fehler bei der Vorbereitung der Bestellung liegt oder während des Transports passiert ist. Trotzdem sind wir die einzigen, die in diesem Moment das Problem so schnell wie möglich lösen müssen.

• Schlechte Jahre: Mein Onkel Manolo hat mir immer gesagt: “Bei zehn Jahren in der Landwirtschaft, musst du zwei gute, fünf normale, zwei schlechte und ein sehr schlechtes Jahr einrechnen und du weißt dabei nie, wann welcher Fall eintrifft.”

So viele verschiedene Faktoren, die mir eins bestätigen: keine Orange ist wie die andere. Die Produktionskosten sind für jeden unterschiedlich, denn es gibt keine zwei Landwirte, die exakt gleich anbauen und die gleiche Philosophie verfolgen. Ich gebe zu, dass ich mich manchmal etwas angegriffen gefühlt habe, wenn Leute mir gesagt haben: “Deine Orangen schmecken mir zwar, aber im Supermarkt bekomme ich sie für … €/kg”. Die Früchte sehen von außen vielleicht gleich aus, schmecken eventuell sogar ähnlich, aber man kann diese Orangen dennoch nicht miteinander vergleichen. Ich denke, dass jeder Landwirt oder Hersteller von etwas genau weiß, wovon ich spreche.

Unsere Handlungen haben Konsequenzen. Die einfache Tatsache, einen zu niedrigen Preis für Obst zu bezahlen, ist direkt mit dem Gehalt derjenigen verbunden, die die Früchte anbauen und ernten. Und dabei geht es nicht um biologischen oder konventionellen Anbau. Wir sprechen hier von denjenigen, die Obst und Gemüse anbauen und unter welchen sozialen Bedingungen sie arbeiten. Entscheide, wie du handeln möchtest und handle gemäß deiner Prinzipien.

Gonzalo Úrculo